Auftrittsangst & Lampenfieber überwinden
- Katharina Hiller
- 19. Dez. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Mai
Kennst Du das? Ein wichtiger Auftritt steht bevor – ob im Studium, im Job, in der Schule oder auf einer Bühne – und plötzlich setzt Dein Herzschlag aus dem Takt, die Hände werden feucht und der Gedanke ans Versagen scheint fast alles zu überlagern. Diese Mischung aus Lampenfieber und Auftrittsangst kann nicht nur nervenaufreibend sein, sondern uns auch davon abhalten, unser wahres Potenzial zu zeigen. Doch die gute Nachricht ist: Wir können lernen, Lampenfieber zu überwinden.
In diesem Artikel erfährst Du, wie sich Auftrittsangst zeigt, welche psychologischen Mechanismen dahinterstecken und welche Schritte Du in Richtung Überwindung der Auftrittsangst unternehmen kannst.

Wie zeigt sich Auftrittsangst? (Checkliste)
Auftrittsangst kann sich auf vielfältige Weise ausdrücken. Hier ist eine Checkliste mit typischen Anzeichen:
Körperliche Symptome
Herzrasen oder unregelmäßiger Herzschlag
Schwitzen, insbesondere an den Händen
Zittern der Hände oder Knie
Atemnot oder flache Atmung
Magenprobleme wie Übelkeit oder Bauchschmerzen
Mentale Symptome
Überwältigende Angst vor Fehlern oder Blamage
Gedankenkarussell: „Was, wenn ich alles vergesse?“
Konzentrationsprobleme
Verhalten
Vermeidung von Auftrittssituationen
Hastiges oder monotones Sprechen während eines Vortrags
Versteifen der Körpersprache
Wenn Dir einige dieser Punkte bekannt vorkommen, bist Du nicht allein. Nicht jeder Mensch ist eine geborene Rampensau und fühlt sich von Haus aus wohl inmitten eines gespannten Publikums. Aber woran liegt das eigentlich?
Was steckt psychologisch hinter Auftrittsangst?
Auftrittsangst hat ihre Wurzeln in unserem psychologischen Sicherheitsmechanismus. Ursprünglich diente Angst evolutionär dazu, uns vor Gefahren, wie z.B. dem Säbelzahntiger in der Steinzeit, zu warnen. Bei einer Präsentation vor Publikum wird dieser Mechanismus jedoch oft überaktiviert, obwohl keine reale Gefahr besteht. Rein objektiv betrachtet wird uns ein Auftritt nicht Kopf und Kragen kosten, dennoch fühlt es sich manchmal so ähnlich für uns an.
Angst vor Ablehnung
Ein zentraler Auslöser ist die Angst vor negativer Bewertung. Wir Menschen sind soziale Wesen und unser Gehirn ist darauf programmiert, Zugehörigkeit zu suchen. Kritik oder Ablehnung wird oft als Bedrohung unserer sozialen Stellung interpretiert.
Perfektionismus
Ein weiterer Faktor ist Perfektionismus. Wer hohe Ansprüche an sich selbst stellt, empfindet bereits kleinere Fehler als Versagen, was die Angst verstärkt.
Die Rolle der Amygdala
Die Amygdala, ein Teil des limbischen Systems im Gehirn, spielt eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung von Angst. Menschen mit starker Auftrittsangst weisen eine überaktive Amygdala-Aktivität auf. Das bedeutet, dass Stresshormone wie z.B. Adrenalin und Cortisol freigesetzt werden und unser rationales Denken, unsere Konzentration und Entscheidungsfindung beeinträchtigt wird. Dadurch wird es auch schwieriger, die Angstreaktion zu kontrollieren.
Verstärkende Faktoren
Auch frühere negative Erfahrungen, wie das Vergessen eines Textes oder eine kritische Bemerkung von Zuhörenden, können die Angst vor erneuten Auftritten verstärken. Mit der Zeit kann so ein Teufelskreis aus Angst und Vermeidung entstehen.
Wie wirkt sich Auftrittsangst auf Lernerfahrungen aus?
Auftrittsangst kann nicht nur die eigene Performance beeinträchtigen, sondern auch Lernerfahrungen negativ beeinflussen. Wer wiederholt negative Erfahrungen mit Auftrittssituationen macht, neigt eher dazu, Motivationsverluste zu erleiden, um sich ähnlichen Herausforderungen anzunehmen. Das Vermeidungsverhalten solcher Situationen verstärkt jedoch oft die Angst.
Positive Lernerfahrungen als Gegenmittel
Als Gegenmittel können gezielte Erfolgserlebnisse unsere Ängste reduzieren und unser Selbstbewusstsein stärken. Jede positive Erfahrung hilft, die negative Konditionierung zu durchbrechen und den Teufelskreis zu stoppen.
Erste Schritte zur Überwindung von Auftrittsangst
Der Weg zurück zu Selbstsicherheit und Freude bei Auftritten beginnt mit kleinen, nützlichen Schritten. Hier sind einige Strategien, die Dir helfen können:
1. Atemtechniken
Stress führt oft zu flacher Brustatmung. Dabei ist das Üben tiefer Bauchatmung eine nützliche Lösung. Tiefes, langsames Atmen beruhigt das Nervensystem. Besonders bekannt ist die 4-7-8-Technik:
Atme 4 Sekunden ein,
halte den Atem 7 Sekunden an,
atme 8 Sekunden lang aus.
Diese Methode hilft, dass das Nervensystem eine Balance zwischen Spannung und Entspannung herstellen kann. Du möchtest mehr erfahren über die Macht des Atems? (▷Zum Arte-Video)
2. Visualisierung
Stelle Dir vor, wie Du erfolgreich auftrittst. Male Dir die Situation in allen Details aus: Wie Du selbstbewusst auftrittst und wie das Publikum Dir aufmerksam zuhört und am Ende applaudiert. Je detaillierter Du diese Vorstellung vor Deinem inneren Auge erlebst, desto näher kommt diese Übung an eine reale Situation ran. Und je häufiger Du diese Übung durchführst, umso häufiger kann Dein Gehirn auch erleben, wie sich ein positiver Auftritt anfühlt.

Besonders hilfreich kann es auch sein, wenn Du Dir vorstellst, Dich vor einem Auftritt in eine Art mentale Schutzhülle zu begeben. Du stellst Dir also in Vorbereitung auf einen wichtigen Auftritt wiederholt mit allen Sinnen vor, dass Du Dich in einer sicheren, gemütlichen Schutzhülle befindest, wenn Du auf der Bühne stehst. Dies kann eine unterstützende Strategie sein, damit Du in der Auftrittssituation auf positive Emotionen wie Ruhe, Sicherheit und Geborgenheit zugreifen kannst. Wichtig ist es dann, dass Du diese mentale Schutzhülle vor einem realen Auftritt ebenfalls gedanklich „installierst“.
3. Vorbereitung und Übung
Je besser Du vorbereitet bist, desto sicherer wirst Du Dich fühlen. Schreibe Deinen Text auf, markiere wichtige Punkte und übe ihn mehrmals laut. Wenn Du ein Musikinstrument spielst, übe Dein Programm gut. Eine gute Methode ist es, vor einem Spiegel oder einer vertrauten Person zu proben. Auch Videoaufnahmen können hilfreich sein, um Deine Körpersprache und Betonung zu analysieren.
4. Reframing
Versuche, Deine Angst als vorfreudige Aufregung zu interpretieren. Vielleicht ist der Auftritt auch eine Möglichkeit für Dich, über Dich hinauszuwachsen oder eine Möglichkeit für Dich, eine gute Zeit zu haben und mindestens einer Person ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern.
5. Entspannungsübungen
Regelmäßige Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung oder Meditation und Achtsamkeitstraining können langfristig dazu beitragen, Dein Stresslevel zu senken und Deine allgemeine Resilienz gegenüber stressigen Situationen zu stärken.
Fazit
Auftrittsangst und Lampenfieber sind häufige, aber überwindbare Herausforderungen. Mit der richtigen Kombination aus psychologischem Verständnis, praktischen Techniken und Übung kannst Du lernen, Deine Angst zu überwinden und selbstbewusster auftreten. Angst ist grundsätzlich erst einmal eine natürliche Reaktion, aber sie muss Dich nicht kontrollieren.
Hast Du eigene Erfahrungen oder Tipps, wie Du mit Auftrittsangst umgehst? Teile sie gerne in den Kommentaren!
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coole idee mit der mentalen schutzhülle :)
Sehr informativer Beitrag :)
Fantastisch erklärt!!