Zukunftsangst: Mit düsteren Aussichten umgehen
- Katharina Hiller
- 21. Nov. 2024
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Dez. 2024
In einer Zeit voller Klimakrisen, wirtschaftlicher Unsicherheiten und sozialer Herausforderungen ist es kein Wunder, dass viele von uns Zukunftsängste erleben, insbesondere junge Menschen. Nicht umsonst steht der Begriff Generation Zukunftsangst sinnbildlich für eine Generation, die mit globalen Krisen, schwindendem Vertrauen in stabile Systeme und einer ungewissen Perspektive aufwächst – eine Herausforderung, die Mut und neue Denkansätze erfordert.
Krisen und Weltuntergangsszenarien gab es schon immer. Doch was ist heute anders? Weshalb scheinen schlechte Zukunftsaussichten eine ganze Generation zu lähmen? Allein die wissenschaftliche Lage in Bezug auf den Klimawandel ist eindeutiger denn je.
Im Vergleich zu früher empfangen wir schlechte Nachrichten über multiple Kanäle und an so gut wie jedem Ort – ob wir mental dazu bereit sind oder nicht. Vielleicht schleicht sich morgens, während wir noch im Bett liegen, ein Video der jüngsten Kriegsgeschehnisse in unseren Feed oder wir steigen in die Bahn und werden über die Nachrichten-Bildschirme informiert darüber, was uns morgens im Bett entgangen ist.
In diesem Artikel erfährst Du, was psychologisch hinter Zukunftsängsten steckt, wie wir versuchen können, sie zu überwinden und was Zukunftsangst für unser Lernen und Handeln bedeutet.

Wie zeigt sich Zukunftsangst?
Zukunftsangst kann sich auf viele Arten bemerkbar machen. Vielleicht fühlst Du Dich oft nervös, sorgst Dich über Dinge, die weit in der Zukunft liegen, oder vermeidest es, überhaupt an bestimmte Themen zu denken. Häufig geht Zukunftsangst mit Symptomen wie Schlaflosigkeit, Konzentrationsproblemen oder sogar körperlichen Beschwerden wie Bauchschmerzen und Herzklopfen einher.
Die Trendstudie Jugend in Deutschland aus dem Jahr 2024 zeigt, dass positive Zukunftsvisionen unter den Befragten schwinden. Die Studie inkludiert die Meinungen von 2.042 Personen im Alter von 14 bis 29 Jahren. Die größten Sorgen der Generation Z sind laut der Befragung folgende Themen: Inflation, Krieg und Wohnraum.
Was steckt psychologisch hinter Zukunftsangst?
Zukunftsangst entsteht oft, wenn wir uns mit einer unsicheren oder bedrohlich wirkenden Zukunft konfrontiert sehen. Psychologisch betrachtet ist sie eng mit dem Gefühl des Kontrollverlusts verbunden. Unser Gehirn bevorzugt klare Antworten und Vorhersagbarkeit – fehlen diese, löst das Stress aus.
Evolutionär betrachtet hat Angst erst einmal eine positive Funktion: Sie warnt uns vor Gefahren und gibt uns die nötige Energie, um zu fliehen oder zu kämpfen, was wiederum unser Überleben sichern kann. Problematisch wird es, wenn die Angst chronisch wird, da unser Körper und Geist auf Dauer nicht für einen solchen Stresszustand gemacht sind.
Auch das Konzept der erlernten Hilflosigkeit, geprägt von Martin Seligman, spielt eine Rolle bei Zukunftsängsten. Erlernte Hilflosigkeit entsteht, wenn wir wiederholt erleben, dass unsere Handlungen keinen Einfluss auf die Situation haben. Übertragen auf die Zukunftsangst bedeutet das, dass Menschen, die sich ständig mit negativen Zukunftsszenarien konfrontiert sehen und das Gefühl haben, daran nichts ändern zu können, leichter in eine passive, ängstliche Haltung verfallen. Diese Haltung verstärkt das Gefühl von Kontrollverlust und macht es schwerer, konstruktiv mit den Ängsten umzugehen.
Wie wirkt sich Zukunftsangst auf Lernerfahrungen aus?
Interessanterweise beeinflusst Zukunftsangst nicht nur unsere Gefühle, sondern auch unsere Lernfähigkeit. Angst kann die Fähigkeit beeinträchtigen, Informationen zu verarbeiten und Neues aufzunehmen. Das liegt daran, dass unser Gehirn bei Angst im „Flucht- oder Kampfmodus“ bleibt und weniger Ressourcen für kognitive Prozesse zur Verfügung stellt.
Ein gewisses Maß an Zukunftsangst kann als hilfreiches Signal dienen, das uns darauf hinweist, dass bestimmte Veränderungen oder Handlungen wichtig sind. Statt als Fluchtimpuls verstanden zu werden, kann diese innere Unruhe uns dazu inspirieren, unsere Werte zu hinterfragen, Prioritäten zu setzen und proaktiv nach Lösungen zu suchen. Entscheidend ist, eine Balance zu finden: Die Angst sollte nicht übermächtig werden, sondern als Einladung gesehen werden, bewusst und zielgerichtet zu handeln.
Erste Schritte zur Überwindung von Zukunftsängsten
Einflussbereiche prüfen: Der erste Schritt, um Zukunftsängste zu überwinden, ist ein klarer Blick darauf, was man beeinflussen kann und was nicht. Stephen Covey unterscheidet zwischen direkten, indirekten und keinen Einflussbereichen.
Direkte Einflussbereiche umfassen die Dinge, die unmittelbar kontrollierbar sind, wie tägliche Handlungen und Entscheidungen, die berufliche Ausrichtung oder die Pflege der mentalen und physischen Gesundheit.
Indirekte Einflussbereiche sind Themen, auf die wir zwar keinen direkten, aber dennoch indirekten Einfluss haben, etwa durch das eigene Konsumverhalten oder unser Engagement in einer Gemeinschaft.
Schließlich gibt es Bereiche, in denen wir keinen Einfluss haben – beispielsweise globale politische Entscheidungen oder Naturkatastrophen. Hier hilft es, Akzeptanz zu üben: Die bewusste Entscheidung, sich auf das zu konzentrieren, was wir ändern können, und loszulassen, was außerhalb der eigenen Kontrolle liegt.
Bewusste Mediennutzung: Ein weiterer wichtiger Schritt ist der bewusste Umgang mit Medien. Unsere Wahrnehmung wird stark davon beeinflusst, was wir konsumieren. Wenn man sich ständig mit negativen Nachrichten konfrontiert, verstärkt das das Gefühl von Unsicherheit und Bedrohung. Deshalb sollten wir versuchen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen positiven und negativen Inhalten zu schaffen. Das bedeutet nicht, die Augen vor Problemen zu verschließen, sondern auch gezielt nach inspirierenden, hoffnungsvollen Aspekten zu suchen. Dazu können beispielsweise feste Zeiten für Nachrichtenkonsum und medienfreie Zeit, um den Kopf freizubekommen, hilfreich sein.
Positive Absicht der Angst identifizieren: Auch das Willkommenheißen der Angst kann überraschend hilfreich sein. Anstatt die Angst als Feind zu betrachten, kann es nützlich sein, die Angst als einen Teil von sich zu sehen, der eine Botschaft übermitteln möchte. Wir könnten uns also fragen: Welche positive Absicht steckt hinter meiner Angst? Oft will sie uns darauf aufmerksam machen, dass uns bestimmte Themen besonders wichtig sind oder dass eine Veränderung notwendig ist, damit wir uns sicherer fühlen. Indem wir der Angst gezielt Raum geben und sie hinterfragen, können wir sie besser verstehen und ihre Energie auf konstruktive Weise nutzen.
Achtsamkeit für das Hier und Jetzt trainieren: Achtsamkeit kann ebenfalls ein starkes Werkzeug sein, um mit Zukunftsängsten umzugehen.
Ein achtsamer Spaziergang ist eine einfache Übung, die man jederzeit im Alltag einbauen kann. Gehe dafür langsam und bewusst, richte Deine Aufmerksamkeit auf die Geräusche, Gerüche und Farben um Dich herum. Fühle den Boden unter Deinen Füßen, beobachte die Bewegungen der Natur oder achte auf Deinen Atem.
Eine effektive Atemtechnik ist die 4-7-8-Methode: Atme vier Sekunden lang ein, halte den Atem sieben Sekunden und atme dann acht Sekunden langsam aus. Diese Technik beruhigt das Nervensystem und hilft Dir, Dich im Moment zu verankern.
Indem wir gezielt Einflussbereiche erkennen, unseren Medienkonsum bewusster gestalten und Achtsamkeit praktizieren, können wir lernen, unsere Ängste besser zu regulieren und unsere Energie auf konstruktive Weise zu nutzen. So wird es möglich, einen gesünderen Umgang mit den Herausforderungen der Zukunft zu finden.
Fazit
Zukunftsängste sind ein nachvollziehbares Phänomen in einer Welt, die sich ständig im Wandel befindet. Sie können lähmend wirken, aber auch der Startpunkt für positive Entwicklungen sein. Indem Du lernst, Deine Ängste zu verstehen und ihnen aktiv zu begegnen, kannst Du Deine Perspektive verändern und die Zukunft wieder als Chance sehen. Wichtig ist, dass Du auf Dich achtest, Dich mit Deinen Ängsten auseinandersetzt und Dich mit Deinem Umfeld darüber austauschst.
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